Michael Noack
Ich, noch als Knabe und demzufolge wesentlich naiver die Welt begreifend, als ich das leider heute tue, war immer der Auffassung, die Karla, meine aus der Ferne heißgeliebte Freundin mit ihren reizenden kleinen Öhrchen, wäre die Inkarnation von Gesundheit und Schönheit. Schön war sie und ihre kleinen Öhrchen, - schon allein, weil sie so niedlich waren, hätte ich zu gern einmal ein wenig geknuddelt. Aber gesund?
Was hätte ich damals wohl einem Heilpraktiker gesagt, der mir hätte klar machen wollen, ich solle mich, wollte ich mich länger binden, lieber mit Frauen befassen, die über größere Hörorgane verfügten. Die hätten eine bessere Grundgesundheit und mehr Energie!? Da sollte die Jenny, deren Ohren immer aus ihren Schnittlauchlocken herausragten, die bessere Partie für mich sein?
Ohren, wie auch immer ausgeprägt, sind ein Teil unseres Körpers und seine Befindlichkeit kann sich hier in gewisser Weise dem Kundigen mitteilen. Das Ohr stellt eine Reflexzone dar. Neurophysiologische Mechanismen führen zur Projektion von peripheren Störungen auf das Ohr und zur Möglichkeit von dort aus durch Reize (z.B. mit Hilfe von Nadeln) zurück auf den Körper zu wirken.
Die Gestaltung des Ohrs gibt auch Hinweise über die Disposition des Trägers/ der Trägerin, weist auf Schwächen und Veranlagungen, die man von der Geburt her mitbringt. STEINER sagt:“ Das Ohr ist ein Bild vergangener Erdenleben“.
Für die traditionelle Medizin Chinas gilt das Ohr als Widerspiegelung der Niere und der äußere Gehörgang als die Öffnung der Nieren. Bestimmte Partien des Ohres werden zusätzlich bestimmten Organsystemen zugeordnet. Das Ohrläppchen entspricht danach der Niere, der mittlere Teil der Ohrmuschel der Milz, der obere Teil dem Herzen, der Tragus der Lunge, die Helix der Leber usw. In der Ohrmuschel, so steht es im „Ney King“, dem Klassiker unter den Büchern zur Chinesischen Akupunktur, geschrieben, treffen sich alle Meridiane und das Ohr sei so mit allen Organen verbunden.
Angesichts dieser Tatsache, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass jede Intervention am Ohr direkte Auswirkungen auf den Körper hat. Das Einbohren oder Anklemmen von Ringen, Knöpfen, Klips oder anderen Gebilden, ist eine modische Torheit, die in der Regel gesundheitliche Folgen hat.
Wie simpel muss es einer Patientin vorgekommen sein, als ihr, um sie von ihren Kopfschmerzen zu befreien, geraten wurde, zunächst die Ohrgehänge zu entfernen. Es gibt natürlich vielfältige Ursachen für Kopfschmerzen, der Reiz des Ohrringes im Kopfbereich ist auf jeden Fall eine. Wer sie nicht kennt, wird im Fall eines solchen Sinnzusammenhanges eben nicht helfen können.
Ich weise immer darauf hin, dass die Depressionen und Aggressionen mancher Kindsköpfe häufig allein dem Umstand zu verdanken sind, dass die „Vegetative Rinne“, sie findet sich unter der äußeren Krempe des Ohres, voller Ohrringe ist. Man möchte ihnen sagen,“ nehmt die Ringe aus den Ohren und seid friedlich“!
Wenn man mit Folgen für den Körper über das Ohr eingreifen kann, kann man über dieses Organ natürlich auch heilen. Da sich der Organismus im Ohr in sehr klarer Form widerspiegelt und kann ein Therapeut dieses Wissen nutzen, um jetzt gezielt in den Körper hineinzuwirken.
Die bekannteste und wohl wirksamste Therapieform auf dieser Grundlage ist die Ohrakupunktur.
Durchaus auch wirksam, wenngleich nicht so spezifisch und auch nicht so tiefgehend wirkend, ist die Ohrmassage. Neben der ganz allgemein entspannenden Massage des gesamten Ohres, kann ein Behandler durch Massage bestimmter Stellen im Ohr eine Reihe von Unpässlichkeiten lösen, wenn er den ungewöhnlichen anatomischen Atlas des Ohres wissend benutzt.
Abb.1: Massageablauf am Ohr
Es empfiehlt sich, grundsätzlich vor der Massage spezieller Reflexpunkte eine entspannende Gesamtmassage der Ohren vorzunehmen.
Obenstehender Zeichnung entnehmen Sie bitte, in welcher Reihenfolge das Ohr in solchem Fall zu behandeln ist.
Wie wird es gemacht?
Der Patient sitzt auf einem Stuhl. Der Behandler steht hinter dem Patienten und ergreift mit Zeigefinger und Daumen zunächst den Tragus. Die Zeigefinger liegen außen (oben) und der Daumen unter dem Tragus. Mit Daumen und Zeigefinger das Ohr im Griff, massieren wir mit leichtem Druck und kleinen kreisenden Bewegungen [ Daumen bzw. Zeigefinger mal oben (innen), mal unten (außen)] die einzelnen Partien des Ohrs. In der Concha massieren wir nur mit der Fingerbeere des Zeigefingers. Wichtig sind dabei natürlich kurze Fingernägel. Der Behandler arbeitet rhythmisch, flüssig und mit eigener Spannung. Jede Ablaufphase (wie in Abb.1 dargestellt) soll mindestens drei mal wiederholt werden.
Erstens:
Wir massieren zuerst den Tragus. Wir beginnen mit dem Zeigefinger außen (oben) und dem Daumen unter dem Tragus. Spätestens in der Incisura intertragica müssen wir umgreifen (Daumen nach außen und Zeigefinger auf der Anthelix, sonst brechen wir uns den Arm!). Wir massieren jetzt die Incisura intertragica und danach (auf der Kante!) den Antitragus, die Anthelix und schließlich die untere Anthelixwurzel bis unter die Helixkrempe.
Zweitens:
In der 2. Phase massieren wir ( mit der Zeigefingerkuppe) den Concharaum. Dabei kommt es darauf an, jeden Teil zu gleichmäßig erreichen und dabei nicht z.B. mit dem Fingernagel partielle Reize oder gar Verletzungen zu erzeugen.
Drittens:
Vor der 3. Phase müssen wir entscheiden, ob der Kopf „Energie benötigt“. Ist hier ein Mangel dann massieren wir zum Kopf hin, herrscht hingegen Völle, so massieren wir vom Kopf weg.
Zum Kopf hin beginnen wir in der Concha auf der Helixwurzel (das ist diese knorpelige Erhebung mitten in der Concha) und bewegen uns dann auf dem Helixrand bis zur postantitragalen Furche (Übergang zum Lobulus).
Vom Kopf weg beginnt man dementsprechend am Lobulus und bewegt sich in Richtung Helixwurzel.
Während die Helixkrempe am freien Teil der Ohrmuschel sehr gut zwischen Zeigefinger und Daumen massiert werden kann, bedient man sich beim angewachsenen Ohrteil (Helixwurzel) zweckmäßiger Weise der Fingerkuppe, die man mit nicht zu schwachem Druck kreisförmig über die entsprechende Erhebung führt.
Viertens:
Die 4. Phase bringt uns zum Lobulus. Dieser wird an allen Stellen horizontal kräftig durchmassiert. Zum Abschluss wird der Lobulusrand bearbeitet. Vom Kopfansatz bis zum Helixkörper wird der Lobulusrand Stelle um Stelle mit Hilfe der Fingernägel (hier werden sie gebraucht!) nicht zu sanft „angekniffen“.
Fünftens:
Abstreichen! Wir streichen mit den flachen Händen beide Kopfhälften parallel von oben nach unten, d.h. zum Körper hin, ab. Damit ziehen wir überschüssige Energie zum Körper und entlasten die Ohren damit.
Die Massage wirkt auf den ganzen Körper und wird von den Patienten als entspannend und belebend empfunden. In manchen Fällen, etwa wenn ein Patient voller Stress und Anspannung ist, sollte eine Ohrmassage schon deshalb durchgeführt werden, um aus diesen Situationen begründete Blockaden des Patienten zu beheben, damit die nachfolgenden Therapien Erfolg haben.
Sollte es notwendig werden, punktuell auf einen bestimmten Körperbereich einzuwirken, haben wir die Möglichkeit mit einem Massagegriffel (Es kann auch eine dicke Stricknadel sein, für die partielle Massage ist unser Finger ja häufig zu dick !) in dem entsprechenden Ohrsegment zu massieren.
Sowohl die Massage des ganzen Ohres als auch die entsprechend der speziellen Erkrankung partielle Einwirkung sollte 2 - 3 mal täglich vorgenommen werden. Wenn man diese Methode zur Eigenbehandlung anwendet, kann man sich bei einfachen Störungen sehr gut helfen. Man kann die Wirkung durch leicht durchblutungsfördernde Salben verstärken!
Fragen zum Inhalt richten Sie bitte an:info@ak-ohrakupunktur.de
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